Die Totenglocke

Liebe Gemeinde,

in den nächsten Monaten bewegen wir uns auf das Osterfest zu, an dem wir die Auferstehung von Jesus Christus feiern, den Sieg des Lebens über den Tod. Angesichts der Entwicklungen in den letzten Jahren und Monaten können wir uns fragen: Was bringt uns diese Botschaft? Ist sie heute noch aktuell? Oft habe ich das Gefühl, dass sich wie eine Lethargie der Gefühllosigkeit und des Egoismus über unser Land gelegt hat. Europa scheint die christlich-jüdischen Werte von Mitgefühl und Barmherzigkeit, die es über Jahrtausende geprägt haben, zu vergessen. Stattdessen wird diskutiert Menschen, die vor Krieg, Hunger und Armut fliehen mussten,  in angeblich sichere Herkunftsländer abzuschieben, die bei genauerem Hinsehen alles andere als sicher sind. Afghanistan z. B. wo das Terrorregime der Taliban regiert, oder Syrien, wo Christ*innen oder liberalen Muslim*innen an vielen Orten die Verfolgung droht. Viele Menschen in unserem Land scheinen den drohenden Tod anderer Menschen in Kauf zu nehmen, indem sie rechtsgerichtete Parteien wählen. Sie werden so Teil einer sich immer mehr verbreitenden Kultur des Todes. Der evangelische Theologe Christoph Blumhardt hat schon im 19. Jh. geschrieben: Christen sind Protestleute gegen den Tod! Die bevorstehende Passionszeit oder auch Bußzeit, wie sie genannt wird, gibt uns die Möglichkeit zur Buße und Umkehr! In der Tradition der Kirche war die Buße immer mit Werken der Barmherzigkeit verbunden. Die Passionszeit gibt uns die Möglichkeit, diese unsere christlichen Wurzeln wiederzuentdecken und eine echte Umkehr zum Leben zu vollziehen. Zu dem, was wirklich dem Leben dient und dem, was dem Leben aller Menschen gut tut. Wir alle können täglich überlegen, wie wir Teil des Sieges Jesu über den Tod werden, des Sieges der Barmherzigkeit gegen die Lethargie. In diesem Sinn wünsche ich euch, dass auch ihr euch immer wieder bewegen lasst vom Geist des Lebens, der den Tod überwunden hat.

Euer Pfarrer Vinzent Dirzus